Historisches Rathaus
Als noch das alte Rathaus Könnern das Gepräge gab
Es wurde erbaut, als der preußische Saalkreis an den kriegslasten "Friedrichs des Großen" zu tragen hatte.
Vor nunmehr 80 (162) Jahren – 1862 – wurde das am Markt stehende alte Rathaus abgebrochen, um einen aus mancherlei Gründen notwendig gewordenen Neubau an gleicher Stelle Platz zu machen. Obwohl damals schon fotografiert wurde, ist doch seine einzige Aufnahme davon auf uns gekommen, sondern nur die Wiedergabe einer kleinen Zeichnung eines Liebhabers, die uns den Bau kurz vor dem Abbruch zeigt. Das Gebäude weist danach harte Spuren des Verfalls auf. Es fehlte überall der Putz in großen Flächen und die kaum behauenen Bruchsteine und das rohe Gebälk sind freigelegt. Klaffende Risse ziehen sich von der Vertragung unter dem Dach durch beide Stadtwerke bis hinunter ins Fundament.
Zeichnung des ältesten noch bekannten Rathauses
Der ganze Bau gleicht einer vom Blitz getroffenen Eiche. Wie diese Verwahrlosung eintreten konnte, ist nur zu vermuten. Das Alter konnte keine entscheidende Rolle gespielt haben, denn das Rathaus ist, wie schon sein Äußeres verrät, erst in dem ausgehenden Barock erbaut wurden, nämlich 1753.
Es ist die Zeit, wo der preußische Saalkreis an den Kriegslasten Friedrichs des Großen mitzutragen hatte. Zu seiner Geschichte hinein fallen die unglücklichen Jahre der französischen Besetzung nach 1806, die Freiheitskriege, alles in allem, aufregenden Perioden, die gerade auch unsere Heimat schwer betrafen und zu allseitiger Verarmung führte. Es ist also leicht möglich, dass nicht nur beim Bau, sondern auch beim Unterhalt oft mehr gespart wurden ist, als gut war, denn allgemein fragt man ja bei öffentlichen Gebäuden von Bedeutung eine längere Benutzungsdauer als von nur hundert Jahren.
Als der unbekannte Meister an den Bauentwurf schritt, zählte Könnern nur wenig mehr als 1400 Einwohner, ein knappes Drittel der heutigen Zahl. Dieser Umstand und wohl auch die geringen Verwaltungsarbeiten erlaubten es, mit einem Bau von Fenstern Front auszukommen. Gewiss gab es in Könnern viele Privathäuser mit größeren Ausmaßen. Das links vom Rathaus stehende Gut, das auch unter der Spitzhacke dem neuen weichen musste, war z.B. gleich eines von ihnen. Und doch musste der Architekt mit wenigen und einfachen Mitteln den repräsentativen Charakter des Hauses in würdiger Form herausstellen. Er teilte die Hauptfront durch einen Mittelrisalit in drei Felder, indem er den Teil mit dem Eingang um etwa Mauerhärte vorbringen ließ. Die Tür wurde mit ein paar Profilen verdacht und so zum wichtigsten Stück gemacht. Ihre Bedeutung wurde durch die Zerlegung ins obere Stockwerk und durch den beiderseitigen Treppenaufgang noch wesentlich unterstrichen. Das entscheidende Merkmal aber wurde der prächtige Dachreiter mit Uhr und Feierabendglocke. Der Turmhelm ist ganz offensichtlich unter dem Einbruch der benachbarten Wenzelskirche entstanden. Die mächtige Bekrönung der Kirche war 1693, also 60 Jahre zuvor, auf Kosten Peter-Hohmanns aufgelegt worden und dürfte die Baugedanken im Umkreis befruchtet haben. Sie hat sich sicherlich auch zum Vorteil des Gesamtbildes der Stadt ausgewirkt.
Rathaus 1862 erbaut - Ansicht ohne die später angepflanzten Rotdornbäume
Der heutige Bau stammt hingegen aus dem Jahr 1862 und vereint Elemente verschiedener Baustile. So ist der Risalit neoromanisch, die Baugliederung hingegen symmetrisch und dadurch noch im Klassizismus verhaftend. Die Flachbögen der meisten Fenster sind hingegen typisch für die Architektur des Barock. Am ehesten ist das Bauwerk dem Rundbogenstil zuzuordnen, der in der Mitte des 19. Jahrhunderts die Loslösung vom Klassizismus versuchte, indem er sich auf deutsche Vorbilder besann. Dies sieht man auch gut anhand der Rundbogenfriese den Giebelsteinen und Traufen.
Auszug aus der Chronik "Das Rathaus" F. Sander
Ansicht des Rathauses aus heutiger Sicht Foto P. Sander - 03/2024