Stadtkirche "St. Wenzel"
Zeichnung aus dem Jahre 1962
Daten zum Kirchenbau in Könnern:
Kirchenneubau: 1491 – 1510
Erweiterung des Kirchenschiffs nach Osten und vermutlicher Anbau der Apside: 16. Jahrhundert.
Erste Reparaturen und Umbauten: 1693 (nach Stadtakten muß die Jahreszahl 1695 gesetzt wer- den).
Reparaturen am Turm, Bau der neuen Türmerwohnung und Aufsetzen des barocken Helms: 1733/34.
Totaler Umbau und Reparaturen: 1892/94 Kleinere Umbauten und Veränderungen: 1975, 1983, 1984.
Neue Orgeln: 1580; 1708; 1894.
Vorgeschichte
Könnern mag um 700 als sorbische Siedlung am Rande der ausgedehnten sumpfigen Fuhneniederung in waldreicher Landschaft gegründet worden sein. Der sich bildende Ort war sehr klein, besaß doch selbst die spätere Stadt im 13. und 14. Jahrhundert kaum eine Feldflur.
Im Kampf der Sorben und Franken, die 806 die Saale überschritten. entstand vermutlich im 10. Jahrhundert ein Kastell mit Wall und Graben an der Gabelung uralter Heer und Handelsstraßen zum Schutze der Wege, der Siedlung, der Saalegrenze und des Saaleüberganges bei Alsleben.
Die älteste Namensgestalt von Könnern überliefert Bischof Thietmar von Merseburg zu 1012 als Coniri. Die Burgherren, die bis in die erste Hälfte des 15. Jahrhunderts in Könnern existierten, waren Vasallen, Ministeriale des Erzstiftes zu Magdeburg.
Nach der Eroberung der Sorben durch die Franken unter Karl dem Großen fällt in diese Zeit auch die Gründung von Kirchen an bedeutenden Kultstätten in sorbischen Gebiet (z. B. in Trebnitz Anfang 9. Jh.). Erzbischof Wichmann ließ in der 2. Hälfte des 12. Jahrhunderts ein ländliches Gut in Könnern bauen, den "Domherrenhof", auf dem er gelegentlich residierte und dort auch 1192 verstarb. Dieser Hof lag zu Füßen des alten Rittersitzes, auf der Fläche der heutigen Sparkasse. Die Bedeutung dieses "Domherrenhofes" mag zur raschen Entwicklung des Ortes beigetragen haben.
Über den Bau des Burgturmes gibt es keine Nachrichten. Gebhardt von Conre ließ im Jahre 1305 eine Kapelle vor dem Bernburger Tor errichten. Dieses bereits Ende des 13. Jahrhunderts vorhandene Tor deutet auf die Umfriedung des Ortes mit einer Mauer, die auch zur Stadtseite offene Halbtürme besaß, im 13. Jahrhundert hin. Es läßt vermuten, daß mit dem Bau der steinernen Stadtmauer auch der Burgturm (vielleicht als Wohnturm) entstanden ist. Seine Erbauung fiele daher in die Zeit der Spätromanik (1150-1250).
Die Kirche von Könnern, urkundlich erstmalig 1274 genannt, wird im 12. Jahrhundert in der Nähe der Herrenburg erbaut worden sein und ist dem heiligen Wenzel geweiht (Herzog Wenzel von Böhmen, 938 in der Kirche zu Bunzlau ermordet, wegen seines frommen Lebenswandels danach heiliggesprochen).
Ansicht der Kirche Ende 18. Jahrhundert
Bau der neuen Stadtkirche
Die alte, wahrscheinlich sehr einfache und kleine Kirche war baufällig geworden, genügte wohl auch nicht mehr den Bedürfnissen der angewachsenen Gemeinde und war vermutlich bei dem großen Stadtbrand von 1473 mit beschädigt und nur notdürftig ausgebessert worden. Man mußte daher an einen Neubau denken.
Bereits 1436 hatte die Kirche zu diesem Zweck den zum Dillnowschen Gutshofe (Richard von Dillnow letzter Besitzer des Rittergutes, der ehemaligen Burg) gehörende Turm für 200 rheinische Gulden gekauft. Wahrscheinlich wurde der Neubau durch die erwähnte Feuersbrunst und der darauf folgenden Verheerung der Stadt durch die Post aufgehalten.
Im Jahre 1491 (erste Inschrift am Hauptportal der Kirche) wurde mit dem Neubau begonnen. Der im romanischen Stil erbaute Turm mit seiner damals noch niedrigen Haube blieb unverändert. Erst durch Umbauten in späteren Jahrhunderten verlor der Turm Details romanischer Architektur, durch eine Mittelsäule zweigeteilte Rundbogenfenster, die heute noch neben der Orgel und in der Glockenstube zugemauert nachweisbar sind.
Man baute die spätgotische Hallenkirche entgegen der Regel von West nach Ost (zweite Inschrift über der kleineren östlichen Tür auf der Nordseite). Das Langhaus ist eine zweischiffige Hallenanlage. Es fehlt das südliche Seitenschiff, das vermutlich auf Grund fehlender Mittel nicht realisiert worden ist.
Der Aufriß gliedert sich zunächst durch ein Kaffgesims von wechselnder Höhe. Über ihm wird die Wand von spitzbogigen, mit spätgotischem Maßwerk über zwei Pfosten gefüllten Fenstern durchbrochen. Die Strebepfeiler sind einhüftig und schließen oben mittels eines Giebelchens nach vorn. Aus den Strebepfeilern ist rücksichtlich zu schließen, daß sie für vier Gewölbejoche im Innern der Kirche bestimmt waren. Gebaut wurde jedoch nur eine einfache Balkendecke. Das nördliche Seitenschiff wird durch untereinander verbundene achtseitige Sandsteinsäulen vom Kirchenschiff getrennt. Der Kirchenneubau wurde im Jahre 1510 abgeschlossen (Jahreszahl im Triumpfbogen zwischen Kirchenschiff und Altarraum).
Eine dreischiffige Hallenanlage, die auf der Ostseite mit einer Apside abschließt, würde einen befriedigenden Eindruck gemacht haben. Dafür wurde im 16. Jahrhundert ein Raum angebaut, der gänzlich ohne Kunstformen ist, südlich zurücktritt und in dem nördlich die Sakristei liegt. Eine fünfseitige Apside schließt sich östlich danach an.
In den Jahren 1694/95 wurden erste Ausbesserungsarbeiten an der Kirche vorgenommen (Jahreszahl über dem Haupteingang).
Das obere Stockwerk des Turmes mit der Türmerwohnung (bis 1870 vom Stadtmusikanten bewohnt) und der barocke Helm entstanden in Folge der Schenkungen Peter Hohmanns, ein in Könnern geborener Leipziger Kaufmann, in den Jahren 1733/34. Der aufsitzende barocke Helm in niedriger Form mit seiner von zwei übereinandergesetzten volutenartigen Profillinien lebhaft gewordenen Silhouette gibt dem plumpen Turm eine noch plumpere Bedeckung. Bis zur Spitze des Helms erreicht der Kirchturm eine Höhe von ca. 47 Metern. Als damaliges Ratsmitglied stiftete Sebastian Mänicke für 66 Taler 1733 den auf der Kirchturmspitze befindlichen Knopf mit Wetterfahne.
Foto Wetterfahne
In den Jahren 1892/94 erfolgten umfangreiche Reparaturen und Umbauten der Kirche. Die Fassaden von Turm und Kirchenschiff wurden saniert, die Apsis neu aufgebaut, die Sakristei umgebaut, zwei Emporen im Seitenschiff zu nur einer gestaltet. Fenster und Türen erneuert, die Orgelempore mit neuer Orgel geschaffen. Kanzel, Altar, Bänke und Stühle erneuert und Ofenheizung eingebaut. Zahlreiche Spenden wie Fenstermalerei, Kronleuchter, Behänge, Altarteppich, usw. verstärkten die neue Ansicht im Innern der Kirche.
Blick vom Orgelchor um1912
Gegen 1982 erfolgte die Umgestaltung des Turmgewölbes (doppelte Kreuzwölbung) zum Archiv der Kirche und 1982/83 wurde der Raum unterhalb der Orgelempore durch festes Mauerwerk zu einem separaten Raum gemacht, der mit Heizstrahlern und Beleuchtungskörpern ausgerüstet für kirchliche Veranstaltungen genutzt wurde.
Die Ofenheizung wurde schon in der ersten Hälfte des 20. Jahrhundert durch einen Warmluftschacht vor den ersten Kirchenbankreihen ersetzt und ca. 1972 zu einer Warmluftheizung mit Versorgungsrohren entlang der Südwand des Kirchenschiffs erweitert.
Seit 1988 sorgen elektrische Heizkörper unter den Bänken im Kirchenschiff für angenehme Temperaturen in kalter Jahreszeit.
Auszug aus der Chronik - Die Stadtkirche "St. Wenzel" zu Könnern -