Kleinste Kirche
Einführend ein paar Worte zur Ortsgeschichte:
Gerlebogk wurde 1182 erstmals urkundlich erwähnt und erlebte seither eine wechselvolle Geschichte. So gehörte der Ort im Jahre 1392 zu den Besitzungen des Schlosses Gröbzig. Später war er Eigentum der Herren „aus dem Winkel“ und „von Dieskau“. Im Jahre 1567 verkauften diese den Ort an die Herren „von dem Werder“. Während des Dreißigjährigen Krieges wurde Gerlebogk fast vollständig zerstört, nur das Gut und einige Drescherhäuser blieben über. Die Kirchenbücher wurden von den Plünderern verbrannt. Heinrich Gottlieb von dem Werder ließ zwischen 1693 und 1695 eine Kirche mit umliegendem Friedhof erbauen.
Bauantrag zum Kirchenbau 1693
Es handelte sich um eine reformierte Tochterkirche von Cörmigk. Am 02.11.1695 wurde die neue Kirche in Gerlebogk in Gegenwart von Pfarrer Ludwig Fertischius aus Cörmigk und Schullehrer Johann Georg Fräßdorf feierlich eingeweiht.
Harmonium der Firma Hildebrand, Anfang 19. Jh.
Als Geldgeber wurden u. a. benannt:
• seine hochfürstlich Durchlaucht Victor Amadeus, ältester Fürst zu Anhalt
• Wilhelm, Fürst zu Anhalt und Anhalt-Plötzkau
• Heinrich Gottlieb und Lebrecht Emanuel, Gebrüder von dem Werder aus Gröbzig und
Werdershausen.
Die Kirche und der Friedhof befanden sich in der Mitte des Ortes, hier befinden sich heute die Häuser der Familien Hoffmann und Repert, sowie die ehemalige Alte Schule.
Die Kirche musste 1815 wegen Baufälligkeit abgerissen werden. Die Kirchenglocke ist nach Gütersee (wüst bei Köthen) gekommen, ihr weiterer Verbleib konnte nicht geklärt werden. Der Friedhof wurde auf dem Fuchsberg neu errichtet, wo er noch heute existiert. Kirchenbücher und Trauregister ab 1696, sowie Geburts- und Sterberegister ab 1695 wurden an das Pfarramt Cörmigk übergeben.
Die Kirchengemeinde nutzte dann bis 1964 die Kirche in Wiendorf. Lange musste die evangelische Kirchengemeinde Gerlebogk zu DDR-Zeiten um ein eigenes Gotteshaus kämpfen. Initiator und Architekt war Pfarrer Berenbruch aus Cörmigk. Eine Baugenehmigung wurde schließlich erteilt, aber nur für einen Gemeindemehrzweckraum, nicht für eine Kirche. Nachdem die Baugenehmigung vorlag, wurde in der Mittelstraße ein altes Gebäude abgerissen, um Platz zu schaffen.
Der Neubau durfte offiziell keinen Glockenturm erhalten. Ein „Windfang“ wurde etwas zu hoch gebaut, und so kam unser Kirchlein doch zu einen Glockenturm, in dem eine Glocke aus Apolda erklingt.
Kirchturm mit der in Apolda gegossenen Glocke
Der Bau hat insgesamt 14.000 Mark gekostet. Finanziert wurde er von den Mitgliedern der Kirchen-gemeinde, der Landeskirche und der Evangelischen Kirche der Union. In einem festlichen Gottesdienst am Sonntag, den 19.07.1964 fand die Weihe der neu erbauten Kirche in Gerlebogk durch Herrn Kirchenpräsident Dr. Müller, Dessau statt. Ca. 160 Besucher wohnten der Kirchenweihe bei. Da der Raum in der Kirche nicht ausreichte, wurde der gesamte Ablauf der Feier über Lautsprecher nach draußen übertragen. Mit 9,00 x 5,00 Metern besitzt Gerlebogk das vermutlich kleinste Gotteshaus im Landkreis.
Innenansicht mit kleinem Altar

Zuständige Pfarrer der Kirchengemeinde Gerlebogk
1645 – 1661 Valentin Reichert
1661 – 1663 Adam Laurentius Renzien
1663 – 1678 Christian Schmidt
1678 – 1698 Johann Ludwikus Fertschius
1698 – 1730 Christian Friedrich Schultesius
(Er richtete das Kirchenbuch in Wiendorf ein, in dem auch Pfarracker verzeichnet war.)
1730 – 1741 Aegidius David Rindfleisch
1741 – 1749 Bernhard Lebrecht Reinschmidt
1750 – 1767 Johann Franz August Sahl
(Er lebte in Armut und vernachlässigte die Führung der Kirchenbücher. In seinen letzten
Lebensjahren soll er bettelnd durch das Dorf gegangen sein.)
1767 – 1772 Gottlieb Friedrich Wilhelm Chappon
1772 - 1815 Johann Ludwig Schoch
1815 – 1844 Johann Christoph Carl Hüfer
1844 – 1884 Carl Neuhoff
Der Pädagoge, frühere Inspektor des Zerbster Gynasiums und Theologe Carl Neuhoff
wurde im Oktober 1844 Pfarrer in Cörmigk, Wiendorf und Gerlebogk. Er notierte die
Namen und Lebensdaten aller ihm bekannten Pfarrer, die vor ihm tätig waren, soweit er
darüber Informationen finden konnte, auch Hinweise zu den Lebensumständen derselben.
1884 – 1903 Richard Heinrich Maximilian Rieger
1903 – 1928 Paul Köhler
1928 – 1937 Wilhelm Rapp
1937 – 1939 Bernd Ingelmann (Hilfsprediger ohne feste Anstellung)
1939 – 1945 Vakanz, Vertretung durch Pfarrer Hausicke, Gröbzig
1945 – 1946 Walter Schmidt
1946 – 1950 Hans-Georg Walch
1951 Otto Hilger als Pfarrverwalter
1951 – 1952 Ernst Rieger
1952 – 1954 Ernst Dietrich von Aster
1954 – 1964 Karl-Wilhelm Berenbruch
1964 – 2001 Dorothea Wagner (1992 - 2001 Kreisoberpfarrerin in Köthen)
2001 – 2009 Christel Lux
2009 – ? Dietrich Lauter
Historische Impressionen zur Kirche
Denkmal der gefallenen Söhne in den Weltkriegen, gewidmet durch die Gemeinde Gerlebogk
Auszug aus der Chronik "Gerlebogk das Original" von Sigrid Wenzel und Steffi Lodderstedt, Fotos: Peter Sander